Thailand

„Es gibt nur eine Regel: es gibt keine Regeln“.

Julia Adame y Castel hat mit einem Sicherheitsexperten in Bangkok gesprochen.

Autor: Julia Adame y Castel

Wer in Deutschland aufwächst, der wird mit Sicherheit praktisch überschüttet: Versicherungen, TÜV-geprüfte Autos, sicherheitsgeprüftes Spielzeug, Arbeitsschutzmaßnahmen, Sicherheitssysteme, Pläne für den Notfall, Sicherheitstests und, und, und … Die Frage nach der Sicherheit ist allgegenwärtig. Gerade nach den jüngsten Terroranschlägen in Paris ist der Wille nach mehr Sicherheit bei vielen Bundesbürgern aufgekommen.
Wer dagegen ins Ausland geht, sieht sich häufig mit einer ganz anderen Denkweise konfrontiert. Wer zum ersten Mal nach Thailand reist, ist häufig schockiert über die lockere Weise, mit der die Einheimischen mit dem Thema Sicherheit umgehen. Da teilen sich Vater, Mutter, zwei Kleinkinder und ein Neugeborenes auf dem Arm der Mutter einen Motorroller und versuchen, sich möglichst schnell durch den chaotischen Verkehr Bangkoks zu schummeln – keiner von ihnen trägt einen Sicherheitshelm. Ein Stück weiter die Straße runter schwebt ein Mann in einigen Metern Höhe an einer Hausfassade. Auf einem provisorischen Sitz, der aus einem zwischen zwei Seilen befestigten Holzbrett besteht, sitzt er dort, ungesichert und reinigt die Fenster von Schmutz. Ob er wohl schon einmal etwas von Arbeitsschutzmaßnahmen gehört hat?

Auch die Anschläge in Bangkok vergangenen August, bei denen 18 Menschen getötet und dutzende verletzt wurden, haben kaum Reaktionen, geschweige denn die Forderung nach einer Überarbeitung des Sicherheitskonzepts bei den Thailändern hervorgerufen.

Anthony Davis ist gebürtiger Australier, er lebt und arbeitet seit mittlerweile 30 Jahren in Thailand. Foto: privat

Wie kommen diese starken Gegensätze bei der Sicherheit zustande? Sind es Einzelfälle oder typisch für die unterschiedlichen Kulturen Asiens und Europas? Und wie viel Streben nach Sicherheit ist gut? Was ist zu viel?  

Anthony Davis ist ein in Australien geborener Sicherheitsexperte. Seit über 30 Jahren lebt er in Thailand. Er war unter anderem für den militärwissenschaftlichen und technischen Verlag IHS Janes tätig. Davis veröffentlicht Publikationen in diversen Zeitschriften und arbeitet als Sicherheitsanalyst unter anderem der Bangkok Post zu. Im Interview spricht Herr Davis über die aktuelle Sicherheitslage in Thailand und darüber, was der Grund für die unterschiedlichen Denkweisen sein könnte.

Herr Davis, Sie sind ein Spezialist für Fragen der Sicherheit in Asien. Geboren wurden Sie in Australien. Wie würden Sie Thailänder charakterisieren? Besonders in Bezug auf ihr Interesse an Sicherheit.

Aus kulturellen und religiösen Gründen neigen Thailänder wahrscheinlich dazu, schicksalsergebener bezüglich ihrer persönlichen Sicherheit zu sein als Menschen aus westlichen Ländern.
Thailand ist mental noch immer eine traditionell ländliche und buddhistische Gesellschaft, auch wenn das in einer extrem schnellen und schmerzhaften, sozial spaltenden Periode untergeht. Man muss sich vor Augen führen, dass die meisten Menschen, die heute in großen Städten leben entweder in ländlichen Dörfern geboren wurden oder Eltern haben, die noch immer auf dem Land leben. Das Verhalten und die Denkweise sind also noch immer allgemein traditionell und traditionell buddhistisch.

Aus kulturellen Gründen bedeutet, dass der durchschnittliche Thailänder das Leben nicht auf eine wissenschaftliche, rationale Weise sieht, was vorausdenken, planen, analysieren etc. beinhaltet. Zum Beispiel: ‚Wenn ich abends mit meinen Freunden ausgehe, wie komme ich in sechs Stunden nach Hause, wenn ich betrunken bin? Sollte ich vielleicht ein Taxi dorthin und zurück nehmen, statt mein Auto/ Motorrad zu nehmen, um meine Freunde und die  Mädchen zu beeindrucken? Und wenn ich nach Hause muss… ‚mai-pen-rai‘ (Anm.: „Mai-pen-rai“ ist eine typische Phrase in Thailand und bedeutet in etwa „Was soll’s?“)- wird schon alles gutgehen…‘

Aus religiösen Gründen bedeutet, dass der Buddhismus das Gesetz des Karmas (‚kamm‘ auf Thai) lehrt: Du bekommst was du bekommst wegen dem, was du in deinem letzten Leben getan hast. Was passieren wird, wird also passieren. Mach dir nicht zu viele Sorgen darüber…Mai-pen-rai…
Aber das hängt auch von der Umwelt ab: Eine Frau in den mittleren Jahren in Bangkok wird sich ihrer physischen Sicherheit und Risiken sehr viel bewusster sein als ein junger Mann in einem Ort in einer ländlichen Gegend.

Wie viel Wichtigkeit messen Thailänder, Ihrer Meinung nach, dem Thema Sicherheit zu?

In Bezug auf die persönliche Sicherheit so viel oder wenig wie Menschen in jedem anderen Land auch. Die Sichtweise hängt am meisten vom Geschlecht, vom Alter und der Umwelt (z.B. große Stadt oder kleines Dorf) ab.

Spielt Sicherheit im Alltag der Thailänder eine wichtige Rolle? In welchen Teilen?

Wie gesagt, wahrscheinlich nicht mehr oder weniger als in anderen Ländern.

Könnte man sagen, dass „Sorglosigkeit“ Teil der thailändischen Kultur ist?

Ja. Thais sind generell „entspannt“ und, was sehr wichtig ist, sie neigen dazu, nicht zu weit im Voraus zu denken und zu planen.

Sicherheitsschild in Bangkok. Foto: Julia Adame y Castel

Wie machen Thailänder ihr Leben sicherer?

Auf praktische Weise indem sie in Heim-Sicherheitssysteme investieren, in anderen Worten, sie verschließen alles von Wert. Von eisernen Gittern über den Fenstern bis hin zu hochentwickelten Heim-Sicherheitsmechanismen der Wohlhabenden (zum Beispiel Sicherheitskameras).

Was ist der Hauptunterschied zwischen Ihrem Heimatland und Thailand, bezüglich des Themas Sicherheit?

Australier und Menschen aus westlichen Ländern generell bezahlen Steuern und erwarten dafür von ihrer Regierung, gute Polizeiarbeit, Verkehrskontrollen und dem Bau von sicheren Straßen und Gebäuden etc.. Thailänder erwarten sehr wenig von ihrer Regierung und sind selten enttäuscht.

Gibt es einen Unterschied zwischen der Wichtigkeit, die Thailänder Sicherheit beimessen, verglichen zu Menschen aus westlichen Ländern?

Kultur, Religion und Entwicklungsstand. Thailand war vor 25 Jahren noch eine hauptsächlich bäuerliche Gesellschaft. Heute ist es eine wachsende Gesellschaft in den Städten – Entwicklungen, die es in Europa in 250 gab, sind hier in 25 Jahren passiert.

Was könnte der Grund für einen solchen Unterschied sein (wenn vorhanden)?

Zu einem gewissen Grad hängt die Sicherheit der Bürgen davon ab, wie viel die Regierung in Bildung, Sicherheitssysteme und Polizeiarbeit investieren kann. Aber es hängt auch von der bürgerlichen Gesellschaft und den Erwartungen ab, die sie gegenüber der Regierung hat. Steht die Regierung unter Druck durch Wähler und Steuer-Zahler, Regeln und Bestimmungen durchzusetzen? In Thailand gibt es fast keinen Druck.

Gibt es bemerkenswerte Unterschiede in dem Verlangen nach Sicherheit in verschiedenen Gesellschaften innerhalb Thailands?

Ja. Die wohlhabende Mittelklasse in den Stadtgebieten (besonders in Bangkok) hat ein sehr viel größeres Sicherheitsbewusstsein, als andere Teile der Gesellschaft – vergleiche die Gesellschaften in den Städten und die ländliche Arbeiterklasse. Warum? Weil sie besser ausgebildet, offener für die Globalisierung und internationale Normen und Standards sind, und weil sie sich der Tatsache bewusst sind, dass sie viel, viel mehr zu verlieren haben. Wenn du ein junger Arbeiter auf dem Land bist, der 10.000 Baht (ca. 250 Euro) im Monat verdient, bist du nicht allzu besorgt, am Sonntagmorgen um zwei Uhr auf deinem Motorrad nach Hause zu fahren, wenn du ein klein wenig zu betrunken vom billigen Reisschnaps bist oder keinen Sturzhelm trägst.

Die Terror-Attacken in Bangkok letztes Jahr, haben Menschen auf der ganzen Welt schockiert. Wie haben die Thailänder auf diese Art von Anschlag reagiert?

Mit Ungläubigkeit und Schock- für zwei bis drei Tage. Innerhalb einer Woche sind die Menschen wieder ihrem normalen Leben nachgegangen.

Häuserfassade in Thailand. Foto: Julia Adame y Castel

An dem Tag nach der Bombenexplosion haben die Menschen bereits die Trümmer weggeräumt und das Leben ging normal weiter. Ist das eine normale Reaktion darauf, wenn Thailänder Katastrophen gegenüberstehen?

Ja. Das kollektive Gedächtnis in Thailand ist SEHR kurz. Auch auf das Risiko hin, etwas zu verallgemeinern, sind die Thailänder eher emotionale, als zerebrale Menschen. Sie handeln in Herzens- und Liebesangelegenheiten mehr nach ihrem Herz, als nach ihrem Gehirn. Sie können beides sein, sehr nett und sehr grausam: das ist wesentlich so wegen der eher emotionalen statt zerebralen Art auf Situationen und Menschen zu reagieren. Die Menschen analysieren Ereignisse, Statistiken und Erinnerungen nicht, um dann bewusst oder unbewusst davon zu lernen, wie es ein Mensch aus dem Westen vielleicht tut. Insofern gibt es ein sehr geringes kollektives Gedächtnis über Ereignisse oder den Willen innezuhalten und seine Lektion zu lernen: „Die Erawan-Attacke war schlimm. Unschuldige Menschen wurden getötet. Aber hey, schlimme Sachen passieren. Lasst uns weitermachen…“. Die Antwort eines Menschen aus dem Westen wäre anders: „Wir müssen das Vorkommnis untersuchen, es analysieren, davon lernen und sicher gehen, dass so etwas nie wieder passiert“.

Inwieweit diese Denkweise das Ergebnis ökonomischer und industrieller Entwicklungen ist (traditionell ländliche Gesellschaften und moderne, industrielle Gesellschaften), und inwieweit das Ergebnis von Klima und Kultur (heißes südliches Klima und kaltes nördliches Klima) ist, bin ich nicht sicher. Aber das ist eine interessante Frage. Ich denke, es ist ein bisschen von beidem: Auch heute noch, sind „emotionale“ Italiener offensichtlich anders als eher „rationale“ Deutsche oder Skandinavier. Und emotionale Thailänder – die Italiener Südost-Asiens  mit ihrer Liebe zu „Wein, Frauen und Musik“ – sind sehr anders als kältere, „rationalere“ Chinesen oder Koreaner. In anderen Worten: Klima ist von Bedeutung.

Wo wir über Nord und Süd, Klima und Kultur reden, fällt mir wieder ein Sprichwort ein, das ich im Deutschunterricht gelernt habe: „Der Preuße sagt, die Lage ist ernst aber nicht verzweifelt; Der Wiener sagt, die Lage ist verzweifelt aber nicht ernst“. In dieser Hinsicht, leben alle Thailänder in Wien. Nichts ist jemals ernst… alles wird gut werden… don’t worry…be happy!

Wie haben Touristen auf die Anschläge reagiert?

Auf der menschlichen Ebene natürlich mit Sympathie und Schock. Darüber hinaus hängt es davon ab, ob sie Bangkok besucht haben (und vielleicht von der Gewalt betroffen waren) oder auf einer südlichen Insel am Strand saßen.

In einem Artikel der „Forbes Asia“ haben Sie gesagt, dass Terrorgruppen, wie der IS oder Al Quaida nicht interessiert daran wären, Thailand zu treffen. Warum nicht?

Ich erinnere mich nicht, so etwas jemals gesagt zu haben („Forbes“ muss mich falsch zitiert haben). Der IS und Al Quaida würden sich freuen, Thailand und die hier vertretenen westlichen Interessen zu treffen (z.B. Touristen), aber sie können sehr viel einfacher in muslimischen Ländern, wie etwa Indonesien, Malaysia oder den Philippinen operieren.

Ein landestypischer Bus. Foto: Julia Adame y Castel

Sind die Thailänder dennoch in Sorge, dass sich die Anschläge vom August wiederholen könnten?

Sie sind nicht auf irgendeine reale Weise in Sorge. Die meisten Menschen haben die „Erawan-Attacken“ bereits wieder vergessen. Es hat keinen wirklichen Einfluss mehr auf ihr Leben.

Thailand ist das Land auf der Welt mit der dritthöchsten Zahl an Verkehrstoten. Was könnte der Grund dafür sein?

Alkohol (Alkohol am Steuer), Geschwindigkeit (rücksichtsloses Fahren), die Handy-Nutzung durch Fahrer, ein Versagen bei der Bereitstellung regulär fahrender öffentlicher Transportmittel (z.B. Busse) und schwere Trucks, und lückenhafte oder gar nicht stattfindende Durchsetzung von grundsätzlichen Verkehrsregeln durch die Polizei.

Sind sich die Thailänder der Gefahr bewusst, die der Verkehr in Thailand mit sich bringt?

In der Theorie ja- besonders in den Stadtgebieten. In der Praxis sehr viel weniger, gerade in den ländlichen Gebieten.

Was ist, Ihrer Meinung nach, das sicherste Verkehrsmittel in Thailand?

Linien-Flüge.

Nach welchen Kriterien entscheiden sich Thailänder hauptsächlich für ein Transportmittel? Preis, Sicherheit, Geschwindigkeit?

Preis und Bequemlichkeit. In der Reihenfolge.

Typische Szene aus dem Straßenverkehr in Thailand. Foto: Julia Adame y Castel

Wenn man durch Bangkok läuft, bekommt man das Gefühl, dass die Menschen sich gar nicht für die Verkehrsregeln interessieren. Könnte man sagen, dass auf Thailands Straßen das „Gesetz des Stärkeren“ gilt?

Ja. Fahrer haben wenig oder gar keine Bedenken, dass das Brechen von Verkehrsregeln in einer Haft oder Strafverfolgung endet. Also „geht alles so weiter“. Die einzige wirkliche Regel auf den Straßen Thailands ist, dass es keine Regeln gibt. Es kann jederzeit alles passieren- und tut es häufig auch. Ich fahre ein Motorrad in Bangkok und versuche, das nie zu vergessen. Du musst immer daran denken: jeder andere Fahrer auf der Straße um dich herum könnte betrunken, dumm, auf Drogen oder im Halbschlaf sein.

Was macht die Regierung, um die Zahl der Verkehrstoten zu reduzieren?

In der Tat sehr wenig. Es gibt sehr publik gemachte „Razzien“ gegen betrunkenes Fahren und rücksichtslose Fahrer an Feiertagen- am Songkran-Tag (Anm.: traditionelles Neujahrfest der Thai-Völker) und an Silvester. Dann kehrt alles wieder zur Normalität zurück. Anfang dieses Jahres (Anm.: 2015) begann die Armee zum ersten Mal, Autos von Fahrern für sieben Tage zu konfiszieren, die betrunken am Steuer erwischt worden sind. Aber dennoch war die Zahl der Verkehrstoten höher, als im letzten Jahr. Wenn die Regierung wirklich etwas ändern wollen würde, sollte sie sicherstellen, dass die Polizei das ganze Jahr über ihren Fokus darauf hat - und Verurteilungen von betrunkenen Fahrern sollten zwangsläufig ein Außerkraftsetzen ihrer Fahrerlaubnis für fünf oder zehn Jahre, gefolgt von einer Gefängnisstrafe, mit sich ziehen.

Touristen, besonders auf den Inseln, leihen sich häufig Mofas. Was für einen Rat würden Sie ihnen geben?

1. Macht es nicht. 2. Wenn ihr es tun müsst, fahrt langsam und fahrt niemals, wenn ihr getrunken habt. Und 3. Denkt daran: die einzige Verkehrsregel ist „Es gibt keine Regeln“.

Fühlen Sie sich auf Thailands Straßen sicher?

Nie.

Vision des Ministeriums für Transport Thailand ist es „(…) den Transport und das Verkehrssystem bequem, schnell, sicher, effizient und zuverlässig zu machen, mit Transparenz bei allen Prozessen“. Ist das Ministerium erfolgreich oder muss es etwas ändern?

Katastrophal unerfolgreich.  Veränderungen auf allen Linien sind dringend notwendig. Aber es kann sehr wenig getan werden ohne eine vollständige Reform der Polizei.

Menschen aus dem Westen, die das erste Mal nach Thailand kommen, sind oft geschockt wenn sie drei bis fünf Menschen sehen, die sich ein Mofa teilen – häufig sogar kleine Babys und Kinder. Warum reisen Menschen auf diese Weise?

Weil sie keine ökonomische Alternative haben und weil sie wissen, dass ihnen keine polizeiliche Durchsetzung des Gesetzes droht. Falls doch, können sie 400 Baht (Anm.: ca. 10 Euro) zahlen und das Problem lösen.

Würden Sie sagen, dass es in den letzten Jahren eine Verschiebung der Wichtigkeit von Sicherheit  in Thailand gab?

Ja, aber hauptsächlich in den Stadtgebieten, die natürlich wachsen.

Was könnte der Grund für eine solche Verschiebung sein?

Die Globalisierung.

Wird es, Ihrer Meinung nach, in den nächsten paar Jahren eine Verschiebung der Wichtigkeit von Sicherheit von Seiten der Thailänder geben?

Ja, als das Resultat der Globalisierung wird sie steigen und mehr Menschen werden wohlhabender.

Was werden die größten Probleme sein, die sich Thailand in den nächsten Jahren stellen muss?

Reformen in allen wichtigen Bereichen: die Polizei, das Militär, das Bildungssystem, das Justizsystem, die Infrastruktur, Sozialhilfe… Die Liste geht weiter und weiter. Wegen Selbstgefälligkeit und Korruption stehen Reformen, die vor 50 oder mehr Jahren hätten stattfinden sollen, in diesem Land noch aus.

Kletterer an einer Häuserfassade. Foto: Julia Adame y Castel

Es wird gesagt, dass Deutsche sehr viel Wichtigkeit auf das Thema Sicherheit legen. Würden Sie sagen, dass diese Art zu leben erstrebenswert ist oder könnte ein solches Denken auch negative Aspekte mit sich bringen?

Das ist eine persönliche Frage. Es hängt davon ab, wer du bist. Ich bin philosophisch und spirituell ein Anarchist. Deutschland scheint, wie Australien ein „Nanny-Staat“ zu sein, der seinen Bürgern jeden Tag 24 Stunden am Tag vorschreibt, zu ihrer eigenen Sicherheit und Schutz, dies zu tun und das zu tun. Alles ist reguliert; nichts darf jemals schiefgehen. Ich könnte nicht mehr für länger als ein paar Wochen in Australien leben ohne verrückt zu werden. Ich passe besser nach Thailand, welches eine Form der Anarchie ist, die (mehr oder weniger) funktioniert. Aber das ist nur meine Meinung… Es hängt von einem persönlich ab.

Herr Davis, vielen Dank für Ihre Einschätzung.

Sicherheit und vor allem der Umgang mit ihr, scheinen also in erster Linie kulturelle und religiöse Hintergründe zu haben: unser Umfeld, unser Glaube, die Gesellschaft in der wir leben, aber vor allem auch unsere eigene Persönlichkeit bestimmen, wie wichtig uns das Thema Sicherheit in unserem Leben ist.  
Ob der Wille nach mehr Sicherheit in den nächsten Jahren in Thailand aufkommen wird oder ob sich gar die Deutschen im Zuge der Globalisierung ein Beispiel an den „entspannten“ Thailändern nehmen werden, wird zu beobachten sein.
Fest steht aber, dass beide Nationen, Deutschland wie Thailand, von der Globalisierung betroffen sind. Ein Austausch von Denkweisen und Lebenseinstellungen ist unumgänglich. Vielleicht nehmen wir uns einfach von beiden Kulturen das Beste:
Weitsicht und Planungssicherheit aus dem Norden und Gelassenheit und Optimismus aus dem Süden – Denn „Mai pen rai“, es wird schon alles werden!