USA

Ian Benisti - der US-Veteran

Ein Portrait über einen US-Veteranen aus San Diego, der von seiner Zeit beim amerikanischen Militär erzählt.

Autor: Gerrit Gedaschko

„It’s your own responsibility to come back to a normal life, when you’re a veteran.” Mit diesem Satz antwortet ein US-Armee Veteran auf die Frage, ob die Vereinigten Staaten von Amerika finanzielle und psychologische Hilfsprogramme bereitstellen um Kriegsveteranen wieder ein normales Leben zu ermöglichen.

Mr. Ian Benisti ist 23 Jahre alt, studiert momentan Physiotherapie an der staatlichen Universität von San Diego  und ist in seinem jungen Alter bereits Kriegsveteran. Ian Benisti ist 1992 in Los Angeles geboren und ist Halbisraeli jüdischen Glaubens, hat aber schon mehrere kurze  Kampfeinsätze im Irak und Afghanistan absolviert und war dabei auch in lebensbedrohliche Kampfhandlungen involviert.

Er ging mit 18 Jahren zum Militär und bewarb sich dort beim „Marine Corp.“. Gründe für das Anwerben bei der US-Armee gab es für ihn viele. Der Hauptgrund war aber wohl, dass er, wenn er nicht zum amerikanischen Militär gegangen wäre, zur israelischen Armee einberufen worden wäre. Es ist die Pflicht eines jedem Israeli zur Armee zu gehen. Diese Einberufung, welche im Alter von achtzehn Jahren stattfindet, ist nicht davon abhängig, ob sich die Person gerade im Ausland aufhält. Es ist in Israel auch unbedeutend, ob man ein Mann oder eine Frau ist, jeder muss für Israel mindestens eine Grundausbildung abgelegt haben. Weiter, so erläutert Herr Benisti, waren die Vorteile der amerikanischen Armee einfach größer. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Bezahlung und die Fürsorge, die das amerikanische Militär für einen Soldaten während der Dienstzeit bereitstellt, auf der ganzen Welt ungeschlagen. Es geht hierbei um finanzielle Aufwandsentschädigung, physische und psychologische Betreuung und die Organisation von Wohnraum  auf Kosten des Militärs.

Mr. Benisti ist bei seiner Erzählung ganz in seinem Element. Er erklärt noch weitere Gründe die dazu führen, dass sich Einwohner der Vereinigten Staaten vom Militär als Soldaten rekrutieren lassen.

Mr. Benisti (Mitte) bekam auf diesem Bild eine Tapferkeitsmedaille verliehen.

Der Patriotismus spielt eine sehr große Rolle im Militär der Vereinigten Staaten von Amerika. In vielen Vorurteilen, die Europäer gegen Amerikaner haben und aussprechen, wird dieser Patriotismus ins Lächerliche gezogen; doch ist dieser Stolz auf das eigene Land spürbar, wenn Ausländer sich mit Amerikanern über das eigene Land unterhalten. Besucher spüren den Stolz bei jedem Wort. Dieser Patriotismus ist tief in den Herzen und Köpfen der Menschen verankert und führt dazu, dass Amerikaner ihre Heimat verteidigen wollen und sich rekrutieren lassen.

Ein weiterer Grund für den großen Andrang bei der US-Armee ist häufig die Hoffnungslosigkeit der Menschen in Amerika. Mr. Benisti holt, um diesen Punkt zu erklären, etwas weiter aus.

Das amerikanische politische System ist so aufgebaut, dass arbeitslose oder behinderte Menschen auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Es gibt weder eine gesetzliche Krankenversicherung für jeden, die es einem ermöglicht, einen Bruch beim Arzt behandeln zu lassen, noch eine Art von Arbeitslosengeld wie wir es aus Deutschland kennen.

Um es deutlich zu machen: Die Gefahr in Amerika zu verhungern, weil man einfach kein Geld besitzt, ist vielfach größer und realer als in Deutschland. Der Staat stellt keine Grundversorgung durch Geld oder medizinische Hilfe her. Ein Teil dieser Grundversorgung hätte durch das „Health-Care-System“ des amtierendem Präsidenten Barack Obama sichergestellt werden können, doch aufgrund der letzten Senatswahlen, in denen die Republikaner wieder die Mehrheit erlangten, wird die medizinische Grundversorgung für Jedermann wohl nicht in Kraft treten.

Wenn ein Mensch zum Soldaten ausgebildet wird, steht dieser dann im Dienst des Staates und riskiert sein Leben für die Überzeugungen und den Schutz der Heimat.  Diese Aussicht auf ein auf den ersten Blick leichteres Leben für sich selbst und seine Verwandtschaft ist für viele Grund genug zum Militär zu gehen. Auch die Möglichkeit, sich zu bilden, erweckt in einigen Menschen den Willen zum Militär zu gehen. Mr. Benisti vereinfacht bei seiner Erklärung der unterschiedlichen Bildungsstandards und Weltansichten  die Einteilung der amerikanischen Bevölkerung. Die „intelligenteren“, liberaleren Menschen leben meist an den Küsten und je weiter man ins Inland kommt, desto ungebildeter und engstirniger werden die Menschen. Deswegen seien vor allem viele „Rednacks“ und Nicht-Küsten-Bewohner in der Armee vertreten.

Es gibt noch einen weiteren Rekrutierungsmöglichkeit der „US Army“. Sie werden „Jailbirds“ (dt.: Gefängnisvögel) genannt. Diese „Jailbirds“ sind inhaftierte Kriminelle, welche als Hafterleichterung/Haftersatz die Möglichkeit bekommen der „US Army“ beizutreten. Dieses Angebot bekommen nur Inhaftierte, die nicht gemordet oder in sonst einer anderen Form einem Menschen körperliches Leid zugefügt haben. Die „US-Army“ hat dann die Wahl, ob diese Verurteilten angenommen werden. Der größte Teil der „Jailbirds“ wird aus ethischen Gründen jedoch nicht angenommen.

Es wird also schnell deutlich, dass das amerikanische Volk in jeder Beziehung hinter dem Militär steht und es bei fast allem auch unterstützt und verteidigt. Weitergehend spürt man als Besucher dieses Landes, dass das Militär in sämtlichen Lebensbereichen der Menschen präsent ist. Selbst bei dem Besuch eines Themenparks, wie zum Beispiel „Sea World“, wird jedem klar, dass das es keine öffentlichen Vorstellungen ohne das Militär gibt. So wird zum Beispiel am Anfang einer „Orka-Show“ erst die „Miss California“ auf die Bühne gebeten, die dann eine Rede über den Verdienst der Soldaten im In- und Ausland hält und anschließend überraschen „Heimkehrer“ ihre Familien vor Kameras und Menschenmassen mit ihrer unangekündigten Wiederkehr. Sicherlich ein schöner Moment für die Familie und so etwas kommt durchaus auch in Deutschland vor, doch berichten alle Nicht-Amerikaner, dass Sie solche „Shows“ vor den eigentlichen Vorstellungen als unnötig übertrieben empfinden.

Es ist bewundernswert mit welcher Inbrunst dann auch völlig Fremde der Familie gratulieren und sie umarmen. Ein ganzes Stadion mit mehreren hundert Personen klatscht und jubelt dem Soldaten und seiner Familie zu. Ein solches Verständnis für die Leistungen von Soldaten im Ausland ist in Deutschland nur wenig vorhanden; dafür ist der Deutsche nicht Stolz genug auf seine Heimat.

Aktive Soldaten oder Reservisten sind in Amerika hoch angesehen und werden von allen respektiert und vorzügig behandelt.

Das Militär kümmert sich um finanzielle Entschädigungen, medizinische Hilfe, Wohnraum, Versicherungen und viele Dinge mehr. Mr. Benisti erzählt, dass das amerikanische Militär wohl einer der besten Fürsorger der Welt ist. Doch man riskiert auch sein Leben, folgt ohne zu fragen Befehlen und stirbt im schlimmsten Falle im Kampf. Also versucht das Militär das Leben der Soldaten so einfach wie möglich zu gestalten.

Veteranen, die aus Einsätzen wiederkommen, können entweder einen neuen Vertrag mit der US-Armee eingehen, indem diese entweder weiter aktive Soldaten sind oder Sie werden zu Reservisten, die ein normalen Beruf ausführen. Mr. Benisti ist auch Veteran und hat sich für die Reserve entscheiden. Er studiert momentan und arbeitet nebenbei als Verkäufer für die Fitnessprodukte von „GNC“( General Nutrition Corporation). Er erzählt aber, dass es nicht allen gelingt wieder ein normales Leben zu führen. Viele leiden entweder unter physischen Verletzungen und/oder Behinderungen, andere unter psychischen Störungen.

Das Posttraumatische Belastungssyndrom (PTBS) stellt dabei die größte Schwierigkeit dar. PTBS ist eine psychische Erkrankung, die meist durch eins oder mehrere traumatische Erlebnisse hervorgerufen wird. Diese psychische „Verwirrung“  muss nicht durch die Verletzung oder Bedrohung einer Person selbst entstehen, die Krankheit kann durchaus auch durch das Mitbekommen von traumatischen Ereignissen entstehen. Zum Beispiel ist der Tod eines Freundes im Krieg, der vor dreißig  Sekunden noch neben einem lag und nun erschossen wurde, ebenfalls ein Auslöser für ein Posttraumatisches Belastungssyndrom. Mr. Benisti schätzt, dass etwa 50% der an PTBS-Erkrankten Menschen nicht selbst etwas passiert ist, sondern „nur“ in ihrer unmittelbaren Umgebung. 2013 wurde eine Statistik der US-Armee veröffentlicht, in der der Anstieg von Suiziden in der aktiven Armee und unter den Veteranen um 40% zugenommen hat. Insgesamt gibt es laut der Internetseite www.veteransandptsd.com 2,3 Millionen Irak- und Afghanistan-Veteranen. 20% davon haben ein Posttraumatisches Belastungssyndrom. Auch Mr. Benisti wacht ab und zu nachts von Alpträumen geplagt auf, in denen er kämpfen muss. Das ist aber die harmloseste Form.

Viele Veteranen können nicht mehr mit dem geringsten Druck umgehen, sie geben bei der kleinsten Schwierigkeit auf. Sie sind reizbar und emotional entweder instabil oder abgestumpft. Ebenfalls ziehen sich Veteranen mit PTSB weit in sich zurück, das Vertrauen zu anderen Menschen ist gebrochen, praktisch nicht mehr vorhanden, weil sie sich vor Verletzungen und Erniedrigungen fürchten. Die Vermeidung von ähnlichen Situationen, wie die des Traumas, ist ebenfalls ein Anzeichen von PTSB. Ist ein Soldat in Kampfhandlungen zwischen Autos verwickelt und wird dort verletzt oder traumatisiert, kann es sein, dass dieser nie wieder in ein Auto steigt. Einfach aus Angst, er könnte in eine ähnliche Situation geraten. Auch die Angst vor Waffen, mit denen ein Soldat ausgebildet wird und welche er blind zusammenbauen könnte, ist eine Art von Vermeidung. Die traumatisierte Person versucht jegliche Faktoren, die ihn an das Trauma denken lassen, zu verdrängen. Die schlimmsten Stadien eines PTSB können zu Verlust der geistigen Klarheit führen, das Einbilden von Schmerzen, für die es keinen biologischen Grund gibt (Somatisierung) oder den Verlust der Lebensfreude, was nicht selten im Suizid dieser Person endet.

Das Leben eines Kriegsveteranen ist häufig von Problemen mit sich selbst und der Umgebung geprägt. Aufgrund dieser Probleme landen viele der Veteranen als Obdachlose auf der Straße, denn weder der Staat noch das Militär haben genug Möglichkeiten alle zu behandeln und ihnen ein normales Leben zu bieten.

Die Obdachlosigkeit von Veteranen in Amerika ist großes allgegenwärtiges Thema. 33% der Obdachlosen sind Veteranen. Und diese Zahl steigt, denn die Anzahl der Einsätze in Krisengebiete steigen ebenfalls. Nur die Fürsorge des Staates, also die Bereitstellung von Psychologen und Ärzten, wird nicht mehr, denn diese müssten durch die Staatskassen bezahlt werden, da kaum ein Veteran sich solche Behandlungen mehrmals leisten kann. Aufgrund von fehlenden Arbeitslosenunterstützungen und gesetzlichen Krankenversicherungen sind diese Behandlungen für den größten Teil der Kriegsveteranen einfach nicht bezahlbar.

Ein Teufelskreis, der für viele kranke Veteranen mit der Hoffnungslosigkeit und Armut endet.

Die Veteranen, die es schaffen ein neues Leben zu beginnen leben nie in Luxus. Bei jüngeren Kriegsveteranen ist es am häufigstem zu beobachten; sie gingen mit 18 Jahren zum Militär und haben nach Auslandseinsätzen häufig entweder eine psychische oder physische Beeinträchtigung, oder einfach zu wenig Bildung um ihn gut bezahlten Berufen  angenommen zu werden. Hilfsprogramme und ehrenamtliche Organisationen gibt es für hilfsbedürftige Veteranen nur wenige. Die meisten sind sich selbst überlassen und müssen mit ihren psychischen Problemen ohne professionelle Hilfe auskommen.

Bereits existierende Hilfsprogramme für Veteranen sehen vor, dass ihnen psychologische Hilfe angeboten wird, die sie meist nicht selbst zahlen können, dass eine Unterkunft organisiert wird, dass sich einfach um jemanden, der für sein Land und seine Leute gestorben wäre, gekümmert wird.

Einige der Hilfsprogramme sind zum Beispiel:

Leider ist es aufgrund der hohen Anzahl an Veteranen nicht möglich alle gleich zu versorgen. Die gewaltigen Kosten dafür müsste der Staat tragen, doch sind die Vereinigten Staaten von Amerika bereits extrem hoch verschuldet.

Es muss sich an dieser Situation etwas ändern. In Deutschland bekommt jeder Soldat mindestens eine abschließende finanzielle Entlohnung.

Warum für ein Land kämpfen, dass einen danach höchstwahrscheinlich fallen lässt? Man riskiert sein Leben für die Ideale und Möglichkeiten, die das eigene Land nach außen hin präsentiert. Ein Soldat ist die Speerspitze seines Landes, sie verteidigen Zivilisten zu Hause, sichern die Zukunft ihres Landes durch die Friedenswiederherstellung in Krisengebieten und opfern im Ernstfall ihr Leben. Das ganze Leben eines Soldaten besteht aus der Sorge und Fürsorge für das eigene Land, für die die nicht kämpfen können oder wollen.

Soldat ist kein Beruf, sondern eine Bestimmung. Eine Lebensaufgabe, die durchaus mit dem Tod enden kann. Menschen, die das überlebt haben und jetzt selber Hilfe brauchen, den sollte diese Hilfe auch gewährt werden. In jeder Hinsicht müssen diese Menschen geehrt, respektiert und unterstützt werden. Egal ob Mann, Frau, krank oder nicht. Sie alle haben es verdient ein anständiges Restleben zu leben. Denn Soldaten oder todkranke Menschen wissen das Leben wirklich zu schätzen; viele hätten es vielleicht beinahe verloren.