Hockey

„Das Schlimmste ist, dass man nicht genau weiß, wann es weitergeht“

Autoren: Jo-Jo Alpers, Patrick Bimpage, Jonas Gampe

Die Corona-Einschränkungen treffen vor allem die Mannschaftssportarten. Auch wenn der Fußball seine Sonderstellung wahrnimmt und die Saison bereits fortsetzt, sind andere Mannschaftssportarten noch längst nicht soweit. Auch im Hockey ist man um eine baldige Fortsetzung bemüht, um einen Saisonabbruch zu vermeiden.

Seit einigen Wochen spielen die Fußball-Bundesligisten nach der Corona-Pause wieder. Damit sieht sich die Bundesliga in der Vorreiterrolle für andere Mannschaftssportarten. Dass der Profi-Fußball seinen Spielbetrieb fortsetzen kann, liegt allerdings an der besonderen finanziellen Situation der Deutschen Fußball Liga. Während sich das Milliarden-Geschäft Fußball, die Fortsetzung mit Tests und Abschottung leisten kann, können das die anderen Mannschaftssportarten bislang nicht. Die Hockey-Bundesliga ist noch mindestens bis zum 31. Juli 2020 ausgesetzt, so entschied die Taskforce mit Vertretern vom Deutschen Hockey Bund, der Bundesligavereinsversammlung und der Hockeyliga. Für den weiteren Spielbetrieb werden jetzt Szenarien entwickelt, wobei eine Wertung der aktuellen Tabellenstände für Meister, sowie Auf- und Abstiege vorerst ausgeschlossen wurde.

Die Spieler reagierten darauf mit Verständnis. „Die meisten haben es als völlig logisch angesehen, obwohl es natürlich trotzdem bitter ist und nervt. Das Schlimmste ist, dass man nicht genau weiß, wann es weitergeht“, sagt Jan-Hendrik Bartels Spieler beim Hamburger Polo Club. Ähnlich sah die Enttäuschung bei den Spielern vom Club an der Alster aus: „Wir waren gerade im Trainingslager in Barcelona, als vor Ort alle Testspiele abgesagt wurden. Vor allem in solchen Vorbereitungen ist man super motiviert, daher war die Absage, kurz vor Saisonstart, sehr demotivierend.“, sagt Niklas Bruns von den 1. Herren. Anfang Juli ist ein inoffizieller Liga-Cup mit TV-Übertragung geplant. Neben der Bundesliga ist auch die Hockey Pro League (HPL), ein internationaler Wettbewerb für Nationalmannschaften im Liga-Format, wegen der Corona Pandemie bis mindestens 17. Mai 2020 unterbrochen. Die Saison, die eigentlich schon im Juni 2020 beendet werden sollte, wurde bis 2021 verlängert, um den Spielplan zu strecken, größere Flexibilität bei der Zeitplanung zu haben und eine Überbelastung der Sportler zu verhindern. Bruns, der neben seinem Bundesliga Team auch für den Nationalkader spielt, ist darüber irritiert, dass er als Spieler momentan kaum Informationen über die Länderspiele erhält. Das die HPL Mitte Mai startet, hält er für unwahrscheinlich.

Olympiasieger und Trainer der 1. Herren vom HPC Matthias Witthaus. Vor allem für das Trainerteam, sind die neuen Sicherheitsauflagen, eine große Herausforderung. (Foto: Jan Pemöller)

Durch die starken Einschränkungen in der Vorbereitung, ist eine Überbelastung bei der Rückkehr zum Spielbetrieb eine große Gefahr. Momentan ist ein normales Training noch nicht möglich. „Wir versuchen die Trainingsintensität gering zu halten. Momentan spielen wir ein- bis zweimal die Woche auf dem Platz, damit wir das Training steigern können, wenn es in Richtung Saisonstart geht.“, sagt Bruns. Die Vereine bereiten sich nach den Empfehlungen des Deutschen Hockey Bundes in Kleingruppen. Der Mindestabstand muss eingehalten werden und geduscht wird zuhause. Normale Spielformen und Zweikämpfe können durch die körperliche Nähe beim Hockey natürlich noch nicht trainiert werden. „Aber die meisten sind einfach froh, dass man überhaupt wieder an den Stock darf, auch wenn es jetzt eben fast nur Torschusstraining ohne Gegenspieler ist. Die Motivation ist demnach natürlich auch deutlich geringer.", sagt Bartels. Die Trainingsaufteilung beim Hamburger Polo Club erweist sich jedoch als schwierig, da es momentan nur einen Kunstrasenplatz im Verein gibt. Der Club an der Alster dagegen verfügt über zwei Plätze in Hamburg und kann daher mehrere Gruppen zu selben Zeit trainieren.

Schrubb-Training beim HPC. Zweikämpfe sind zurzeit ausgeschlossen. (Foto: Jan Pemöller)

Neben den Unterbrechungen in den nationalen Wettbewerben und der Hockey Pro League trifft die Hockey Welt vor allem die Verschiebung der Olympischen Spiele in Tokio 2020 auf Juli 2021. „Diejenigen, die gute Chancen auf eine Nominierung hatten, waren ziemlich enttäuscht, weil sie die letzten Monate alles hintenangestellt hatten.“, sagt Bartels. „Angeblich soll der Kader mehr oder weniger gleichbleiben, aber realistisch gesehen wir es halt doch noch die ein oder andere Änderung geben, sei es durch Verletzungen oder durch das Alter bedingt.“ Die Teamkollegen Constantin Staib und Matthias Müller beide für den Olympia Kader 2020 nominiert waren. Es gibt aber auch Spieler, die sich über die Verlegung freuen. „Diejenigen, die eher schlechtere Chancen hatten, waren hingegen ziemlich froh, weil sie jetzt doch noch ein Jahr Zeit haben, um sich zu zeigen.“, so der 24-Jährige. Dazu gehört auch Niklas Bruns, für den es nur zum Perspektivkader der Olympischen Spiele gereicht hat. „Vor allem für die jungen Spieler, die noch studieren, ist die Verlegung kein Problem. Bei einem Familienvater, wie Tobias Hauke, kann die Jahresgestaltung natürlich etwas komplizierter werden.“, betont Bruns. Hockey gilt in Deutschland zwar als Profisport, jedoch ist der finanzielle Erwerb längst nicht mit der Fußball-Bundesliga zu vergleichen. Die meisten Spieler erhalten kein Gehalt und wenn, begrenzt sich der Lohn oft auf das Budget der Deutschen Sporthilfe. Selbst die Olympioniken haben neben dem Hockey noch einen Vollzeitjob. 

Matthias Müller (l.) und Konstantin Staib. Beide waren für das Team Tokio 2020 nominiert. (Foto: Jan Pemöller)

Das Training der Nationalmannschaft, findet in Corona-Zeiten in Form von Lehrgängen fast alle zwei Wochen mit zwei bis dreimal Training am Tag statt. Schon zu Anfang der Pandemie, gab es für die Kaderteams Sonderregelungen.

Neben den Profis trifft die Corona-Krise im Hockey vor allem die Amateure. Das Vereinsleben liegt momentan brach, viele Amateure können seit Wochen nicht trainieren oder haben keinen Spaß am eintönigen Online-Training. Die größte Gefahr sei deshalb ein möglicher drastischer Mitliederschwund, sagt Hermann Ellenbeck, Sportdirektor des Bayerischen Hockeyverbands. 

Fangemeinde des Hamburger Poloclubs, bevor die Pandemie den Spielbetrieb lahmlegte. (Foto: Jan Pemöller)

Ellenbeck befürchtet, dass Mitglieder während der Corona-Zwangspause die Motivation verlieren könnten und dann nach Corona gar nicht mehr zurückkommen. Solch ein Mitgliederschwund hätte für den Amateursport Hockey finanziell dramatische Folgen. Deshalb fordert Ellenbeck einen klaren Fahrplan, um schrittweise wieder zu einem normalen Mannschaftstraining zurückzukehren. Und um Sportlerinnen und Sportler wieder zu begeistern.