Kommentar

Mit Worten zum Sieg

Autor: Paula Dieker

Der Wahlkampf zwischen Donald Trump und Joe Biden um den Platz des 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten war eine Rivalität zwischen den elitären Mächten Amerikas. Zwei Männer, deren Ansichten nicht gegensätzlicher sein könnten, zogen gemeinsam in die Schlacht. Statt mit einer Flinte in der Hand bekämpften sich die beiden Politiker mit ihrer Rhetorik gegenseitig.  Ein wahrer Wettkampf der Narrative. Joe Biden gewann die Wahl und besiegte den strategischen Rhetoriker Trump. Doch wie schaffte er das? 

Framing als Mittel zum Sieg  

Die Rhetorik des Politikers ist wie die Schere des Friseurs. Ein unersetzbares Werkzeug, um seine Arbeit wirkungsvoll auszuüben. Oft werden Kompetenz und Glaubwürdigkeit eines Politikers an seiner rhetorischen Fähigkeit gemessen. Besonders in Wahlkampf-Zeiten stehen die Reden der Politiker und Politikerinnen im Mittelpunkt. Sie versuchen ihre Wahlprogramme und Ziele überzeugend an die Menschen zu übermitteln und mit Worten gezielt die Wahlentscheidung zu lenken.  Die Kandidaten des US-Präsidentschafts-Wahlkampfs setzten in ihren Debatten bewusst strategisch eingesetzte Deutungsrahmen. Diese Rahmen, auch Frames genannt, können gezielt das Denken und Handeln der Wähler und Wählerinnen beeinflussen.  

Mit jedem Wort, das ihr Gehirn aktiv aufnimmt, assoziieren sie ein bestimmtes Weltbild, das durch ihre Erfahrungs- und Lebenswelt geprägt wurde. Durch diesen Prozess kann die Wiederholung eines bestimmten Frames, auf den sie reagieren, ihr Handeln beeinflussen. So sehr, dass 50,8% Wähler*innen den Demokraten Joe Biden gewählt haben?  

Alexander Ziem, Professor für Germanistische Sprachwissenschaften an der Universität in Düsseldorf, verneint diese Frage im Gespräch deutlich. Einzelne Frames würden es nicht allein schaffen, das Wahlverhalten der Gesellschaft zu steuern. ,,Es ist subtiler und komplexer. Allerdings können große Botschaften oder Slogans, die für eine Partei stehen, die Chancen erhöhen, dass sich Rezipierende mehr abgeholt fühlen und das Kreuz an die entsprechende Stelle setzen.” Slogans wie ,,yes we can” oder ,,make america great again” werden narrativ genutzt, um Menschen eine bewusste Ideologie zu suggerieren. Diese Sprachbilder wurden über Jahre propagiert und durch die Wiederholung prägt sich die damit verbundene politische Perspektive bei der Bevölkerung ein.  

Ein gutes Beispiel, um aufzuzeigen, dass eine durchdachte Kommunikationsstrategie und ideologische Frames zum Wahlsieg führen können, ist der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten, Donald Trump. Viele Bürger und Bürgerinnen zweifeln an Trumps trivialer Sprachkompetenz und unterschätzen diese. Dabei ist es genau die, die Trump zum Wahlsieg 2016 geführt hat. Über Jahre hinweg stellte er wirkungsvoll nationale Werte wie Strenge, Disziplin und Wettbewerb, sowie Begriffe wie ,,Fake News” ins Zentrum Amerikas. Dennoch konnte er die 46. Präsidentschaftswahl trotz seiner Strategie nicht für sich gewinnen.  

Trump gießt Öl ins Feuer 

Das Jahr 2020 war besonders für die USA ein emotionales und ereignisreiches Jahr. Konflikte, Krisen und politische Probleme waren an der Tagesordnung. Internationale Bewegungen und Proteste, wie die Black Lives Matter-Demonstrationen rückten in den Vordergrund. Die Corona-Pandemie wurde zu einer globalen Krise und im März 2020 gehörten die Vereinigten Staaten zu den Ländern mit den am schnellsten steigenden Infektions- und Todeszahlen. Das Kapitol in Washington wurde gestürmt und Trump schaffte es, die Republikaner und Republikanerinnen zu radikalisieren und in großen Teilen hinter sich zu vereinen. Die Herausforderung der Politiker bestand darin, diese sozio-politischen Themen abzugreifen und sprachlich für ihr Wahlprogramm zu verwenden. Joe Biden setzte dabei auf Empathie und metaphorische Frames. Bei der Rassismus-Debatte versuchte der Kandidat, nicht wie sein Gegner Trump mit Autorität und Sanktion, sondern mit emotionaler Rhetorik die Bindung zwischen Schwarz und Weiß zu stärken. Dabei schafft er es, Polizeigewalt in den USA mit metaphorisch produzierter Empathie einzudämmen. In der TV-Debatte am 23.Oktober 2020 schoss Biden ein klar gesetztes Frame gegen Trump.  

,,Er gießt in jedes einzelne rassistische Feuer Öl.” 

Der Linguist Alexander Ziem bewertet und analysiert diesen Frame. ,, Es ist kein besonders innovativer und gelungener Deutungsrahmen. Dennoch trägt die Metapher diesen Frame und macht ihn wirkungsvoll. Metaphern können verankern, zuspitzen, generalisieren und etwas greifbar machen, was ich mir sonst nicht vor Augen führen kann.” Durch diese Aussage Bidens schaffte er es, die Debatte zuzuspitzen und Trump als Ursache zu benennen.  ,,Jeder und jede von uns kennt eventuell die Erfahrung, wenn Öl ins Feuer kommt. Es wird groß, heiß, unkontrollierbar und zu einer lebensbedrohlichen Komponente.” Das Bild, das Trump das entfachende Öl in der Hand hält und dazu beiträgt, dass der Rassismus noch größer und gefährlicher wird, bis er explodiert, trägt zur starken Sinnbildung in den Köpfen der Gesellschaft bei.  

Dass Worte von elitären Persönlichkeiten wie Politikern und Politikerinnen Macht besitzen, haben die jüngsten Ereignisse in Washington gezeigt. Auch Ziem sieht das ähnlich: ,,Dass Sprache Menschen verletzten und anstacheln kann, wurde am 6. Januar bewiesen. Da ist jemand, der twittert permanent Sachen raus, die sichtbar einen Effekt auf Menschen haben. Auch hier wurde metaphorisches Öl, ins Feuer des Hasses geschmissen und diesmal ist es explodiert.”   

Der Wahlkampf 2020 in den USA bewies, zu was Sprache alles fähig sein kann. Ein Land wurde von einem strategischen Rhetoriker gespalten und eine Polarität der Bürger und Bürgerinnen geschaffen. Joe Biden gewann zwar die Wahl gegen Donald Trump, allerdings gewann er auch ein Land, das in Aufruhr ist. Ein Aufruhr, der durch Worte und Sprache gebändigt werden könnte.