Rudern

Pumpen für Olympia

Malte Großmann - ein Sportler am Anfang einer vielversprechenden Karriere

Autoren: Roman Gerth, Frederik Harder

Olympische Spiele 2020 in Tokio, die deutschen Sportler laufen ein. Unter ihnen ist Malte Großmann, der für den deutschen Ruder-Achter an den Start geht. Soll sich diese Zukunftsvision bewahrheiten, muss der 18-Jährige viel trainieren. Er weiß, dass Erfolge nicht von selbst kommen – aus diesem Grund ist das Ruderboot sein zweites Zuhause.

Mit voller Kraft setzt Malte Großmann das Ruder ins Wasser, nach jedem Schlag pustet er angestrengt durch. Die äußeren Bedingungen sind gut an diesem Tag. In Allermöhe, am äußersten Rande Hamburgs, ist der Olympiastützpunkt für den Kanu- und Rudernachwuchs angesiedelt. Fernab vom Trubel der Hansestadt arbeiten die Jungtalente auf ein großes Ziel hin: Olympische Spiele.

Großmann ist einer von ihnen. Der 18-Jährige rudert im deutschen U23-Nationalkader. Der Leistungssport ist sein Lebensmittelpunkt. „Ich komme jeden Tag hierher, teilweise habe ich dann zwei Einheiten“, sagt Großmann. Seit er vor sechs Jahren mit diesem Sport angefangen hat, ging es für ihn steil nach oben. 2008 sein erster Kontakt mit dem Ruder, nach nur drei Jahren sein erster Wettkampf im deutschen Juniorenkader, 2013 wurde er dann U19-Weltmeister Dabei ist er eher zufällig ins Boot gestiegen. „In der siebten Klasse hatten wir Rudern im Sportunterricht. Da hat es mich dann gepackt. Nach und nach habe ich häufiger und intensiver trainiert.“

Juniorenweltmeister Malte Großmann im Gespräch mit Digger-Redakteur Roman Gerth

Seit einigen Jahren ist der Olympiastützpunkt am Allermöher Deich Großmanns zweites Zuhause. Dabei ist der Weg von seinem Wohnort Norderstedt zur Trainingsstrecke nicht gerade kurz. „Eine Stunde bin ich in etwa unterwegs. Diesen Aufwand  nehme ich gern auf mich.“ Dazu braucht es vor allem Unterstützung vom Arbeitgeber. Momentan ist das sein Sportverein, der Ruder-Club Favorite Hammonia. Dort absolviert der junge Ruderer ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ). „Das ist natürlich perfekt, denn mein Verein gewährt mir viele Freiheiten“, sagt der Norderstedter. Die Einheiten neben dem FSJ seien dennoch aufreibend. In einigen Monaten soll es mit dem Studium losgehen, Wirtschaftsingenieurwesen ist das Ziel. Dort wird der Zeitaufwand sicher höher sein als im FSJ. „Aber es ist ja keine Seltenheit, dass Leistungssportler etwas länger für die Uni benötigen“, weiß das Rudertalent.

Mit seinem Partner Michael Trebbow holte Großmann im vergangenen Jahr den U19-Weltmeister-Titel im Zweier ohne Steuermann. Der Erfolg im litauischen Trakai bestätigte die großen Ambitionen des deutschen Nachwuchs-Ruderers. In den Jahren 2011 und 2012 gewannen die beiden bereits den Baltic-Cup in der U18. Der Weg zu den ganz Großen ist nun nicht mehr weit für Großmann.  „Die U23  ist eine Zwischenstufe zu den Herren. Sportler wie Malte sollten und werden sich wohl nicht lange dort aufhalten“, sagt Tim Schönberg. Der Trainer dieser Altersklasse hat früh erkannt, was in dem Junioren-Weltmeister steckt. „Ich bin erst seit wenigen Monaten in meiner jetzigen Position. Schon jetzt kann ich sein großes Potential erkennen“, ergänzt Schönberg. Zwar sei Großmann am Anfang physisch noch hinter der Spitze zurück gewesen, diesen Rückstand habe er jedoch durch harte Arbeit gut aufgeholt. Dafür hat er einige Stunden mit Pumpen im Kraftraum verbracht.

Bei der kommenden Weltmeisterschaft in Varese (Italien) wird Großmann im Vierer starten. Gemeinsam mit seinem Zweier-Partner Trebbow, Arne Schmiethal und Eike Kutzki geht er auf Medaillenjagd. Sein großes Ziel ist aber ein anderes: „Rio de Janeiro (Austragungsort der Olympischen Spiele 2016; Anm. d. Red.) ist für mich utopisch. Ich arbeite schon jetzt auf Olympia 2020 hin.“ In sechs Jahren ist der Ruderer mit 25 Jahren im besten Sportleralter. Dass Großmann das schaffen kann, davon ist sein Trainer überzeugt. „Er rudert sehr ruhig und ist wenig verkrampft. Die Weltmeisterschaft bei den Herren wird in den kommenden Jahren sicherlich drin sein. Wenn er das schafft, dann ist Olympia definitiv möglich“, sagt Schönberg, der selbst im Nationalkader gerudert ist und 2000 nur knapp die Teilnahme an den Spielen in Athen verpasst hat.

Auch Michael Trebbow hält große Stücke auf seinen Freund: „Malte ist sehr ehrgeizig, er arbeitet sehr konzentriert. Darüber hinaus packt er an, wenn es drauf ankommt. Das schätze ich sehr an ihm.“ Wie sein Kollege ist auch Trebbow über die Schule zum Rudern gekommen. Über die Jahre als Wettkampf-Duo haben sich die zwei Hamburger angefreundet, „Konkurrenzkampf gibt es bei uns eigentlich nie“, sagt Trebbow. „Ein ehemaliger Trainer sagte zu uns, dass wir individuell nicht ganz so stark wären. Zusammen passe das aber wie Arsch auf Eimer“, erzählt Großmann.

Am Ende der Trainingseinheit pustet Großmann noch einmal kräftig durch – allerdings vor Erleichterung. Neunzig Minuten vollen Körpereinsatz hat er nun hinter sich. Die Einheiten schlauchen. Doch wenn am Ende wirklich die Teilnahme bei den Olympischen Spielen stehen soll, wird er noch einige davon leisten müssen. „Der Schmerz am Ende eines Rennens ist extrem – doch ein Sieg lässt das vergessen. Dafür lohnt es sich.“