Viva con Agua – die Reise zum anderen Ende der Erde
Naturkatastrophen, Kinder in Armut oder Kriegsgebiete. Spenden werden für viele Regionen dieser Welt benötigt. Doch kommt dieses Geld überhaupt bei den Hilfsbedürftigen an – und wenn ja, wie? DIGGER hat sich bei der Trinkwasserorganisation Viva con Agua umgehört.
Autoren: Moritz Studer, Maike Reiß
Menschenmengen die gröhlen, feiern und trinken. Fußballspiele und Festivals ohne Bier kann man sich kaum vorstellen. Die Hopfenbrause wird wie am Fließband ausgeschenkt und hält die Meute bei Laune. Das Klimpergeld geht im Sekundentakt über die Theke. Die Leute zahlen für ihre Getränke und den Becherpfand. Die Organisation Viva con Agua bietet den Konsumenten an, den Getränkebehälter für einen wohltätigen Zweck zu spenden. Ein Geschäft, das sich durchgesetzt hat. Der Weg des symbolischen Euros.
Für die Trinkwasserorganisation Viva con Agua (VcA) ist diese Spende ein unersetzliches Geschäft. Sie haben sich vorgenommen, den Zugang zu sauberem Trinkwasser für jeden Menschen zu ermöglichen. „Alle für Wasser, Wasser für alle.“ Ein großes Vorhaben, wenn man bedenkt, dass mehr als 780 Millionen Menschen fließend Wasser verwehrt bleibt, wie die „Welthungerhilfe“ 2012 preisgibt.
Seit Gründung des Vereins Viva con Agua im Jahre 2006 haben sich die Projekte auf 15 Länder ausgeweitet. Dazu gehört Kuba als Einstiegsprojekt, aber auch unter anderem Haiti und eine Vielzahl afrikanischer Projektländer wie Äthiopien oder Uganda. Neben eigenen Aktionen und Unternehmenskooperationen gelten Spendenaktionen durch Öffentlichkeitsarbeit als drittes Standbein für die Wasserinitiative.
Am Rande dieser Events stellen Mitarbeiter Tonnen auf. Tonnen, die viel mehr wie ein klassischer Papier-Mülleimer aussehen, sind viel mehr Sammelbehälter. Im Kampf für sauberes Trinkwasser und sanitäre Grundversorgung in hilfsbedürftigen Ländern wandelt der Verein das Europfand in bares Geld um. Aber wie gelangt der Euro tatsächlich in eines der Projektländer?
„Im Grunde ist es eigentlich ganz einfach. Vor dem jeweiligen Festival wird festgelegt, wohin der gespendete Euro fließt“, erklärt der Bereichsleiter für PR und Wasserprojekte Christian Wiebe. „Allein letztes Jahr konnten wir in der Festival-Saison durch die Abgabe von Pfandbechern über 100.000 Euro einnehmen“.
Doch die Spende eines Bechers bedeutet nicht, dass auch wirklich der gesamte Euro in den Zielregionen ankommt. Die Organisation muss Kosten tragen, die den Aufwand, den Getränkebehälter in bares Geld umzuwandeln und in die verarmten Länder zu transferieren, vergüten. Seit diesem Jahr zieht Viva con Agua genau 21 Prozent von der Spende ab. Zusätzlich erhält die „Welthungerhilfe“ weitere Anteile, sodass am Ende des Tages noch 67 Cent über bleiben, rechnet Wiebe vor.
In einem Wort: „WASH“
Vor der Umsetzung kommt zu den erworbenen Spenden- und somit auch Pfandbechergeldern ein Teil aus Fördertöpfen internationaler und supranationaler Geldgeber hinzu. Der bloße abgegebene Pfand von 67 Cent kann also erheblich aufgestockt werden. „Unterm Strich können wir somit aus einem gespendeten Becher 2,35 Euro machen“, erläutert Wiebe. Probleme im WAsser-, Sanitär- und Hygienebereich werden von der Trinkwasserorganisation als Kampfansage verstanden. Die Welthungerhilfe stellt Viva con Agua ihre WASH-Projekte vor und diese wählen dann nach ihren Kriterien die Projekte aus,die sie unterstützen. Die Zusammensetzung der Abkürzung „WASH“ ist also viel mehr eine Definition für den Einsatzbereich der Trinkwasserorganisation.
Keine Gefährdung des gesellschaftlichen Friedens
Ohne eine eindeutige Zustimmung der betroffenen Personen vor Ort kann die Organisation keine Änderungen vor Ort vornehmen. Eine demokratische Abstimmung soll die Zustimmung oder Ablehnung für die Veränderung der Trinkwasserlage bringen. Immerhin ist das Bauen von Brunnen oder Trinkwasseranlagen ein Eingriff in die Privatsphäre anderer Kulturen. Viva con Agua kann nur mit dem Vertrauen der Bevölkerung die WASH-Projekte durchführen. Jedoch ist nicht nur die Privatsphäre eine Frage in der Diskussion um Einigkeit. Die Mitarbeit der Einheimischen wird ebenfalls dringend gebraucht. Bei den Vorbereitungen und dem Bau der Anlage, sollen sie Unterstützung liefern.
Transkontinentale Projekte
Den Anfang auf dem Inselstaat Kuba gemacht und mittlerweile nicht nur auf weitere Länder, sondern auch auf mehrere Kontinente verteilt. Für die Zukunft möchte Viva con Agua allerdings zumindest die Anzahl der WASH-Projekte nicht ausweiten. „Die umliegenden Regionen der WASH-Gebiete, in denen die Wasserqualität noch ungenügend ist, sollen zukünftig unterstützt werden“, klärt Wiebe auf. Die bestehenden Projekte sollen nicht nur einen kleinen Fleck des Landes versorgen. Im Gegenteil: VcA strebt eine deckende Ausweitung seiner Projekte an. Die Möglichkeit von sauberem Trinkwasser profitieren zu können, soll immer mehr Menschen zu Teil werden.
Bis Viva con Agua sich nur noch auf die Finanzierung der Reparaturen der Anlagen reduzieren kann, ist noch viel zu tun. Für das 21. Jahrhundert wie wir es kennen undenkbar, aber das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen „UNICEF“ prognostiziert auch in der Zukunft nur eine leichte Verbesserung der Situation in den Entwicklungsländern.
In den Menschenmengen von Festivals und Fußballstadien werden Mitwirkende der Organisation auch weiterhin anzutreffen sein. Sie sammeln weiter fleißig Pfand und kämpfen, um ihr Ziel zu erreichen: Alle für Wasser – Wasser für alle.
Eure Kommentare
Uns interessiert besonders was du über Folgendes denkst: